10. Juli
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Auch wenn mir der Auftritt letzte Woche mit Pearlgarden am Sommerfest im Blinden-Institut richtig Spaß gemacht hat, wird diese schöne Erinnerung von dem Gedanken getrübt, dass unser Schlagzeuger nach dem Auftritt wortlos verschwunden ist und nicht mehr dabei war als wir unser Equipment in den Proberaum zurückgebracht haben. Dieses Wir-Gefühl in der Band ist nicht mehr da, obwohl wir musikalisch besser harmonieren als jemals zuvor.
Ich betrete mit Martin den Proberaum. Das Schlagzeug ist bereits wieder aufgebaut. Ich suche meine Sachen zusammen und beginne mit der Verkabelung meines Equipments. Während ich meine Gitarre an dem Amp anschließe kommt unsere Sängerin herein und mit ihr unser Schlagzeuger. Er hat aktuelle Informationen zu unserem nächsten Auftritt.

„Ich habe gestern versucht noch einmal offene Fragen zu unserem Auftritt am kommenden Samstag abzuklären und muss euch leider mitteilen, dass aus dem Gig nichts wird. Der Veranstalter hat mir abgesagt, weil er für die Veranstaltung nicht ausreichend Personal zusammen bekommt. Er meldet sich wieder bei mir um einen neuen Termin zu vereinbaren.“
Ich bin gar nicht so unglücklich darüber, weil die ganze Veranstaltung sowieso nicht wirklich gut geplant war. Keine mediale Vorankündigung, keine wirkliche Vorstellung davon mit wie vielen Gästen gerechnet wird und noch dazu eine viel zu kleine Gage.
Unser Bassist fehlt mal wieder. Das ist auch etwas, das mir so ganz und gar nicht gefällt. Entweder sagt er kurzfristig ab, oder muss nach einer Stunde proben schon wieder gehen. Das könnte man besser planen, wenn man planen wollte. Aber da mag auch keiner wirklich was sagen. Es wird hingenommen und das schon viel zu lange. Und mittlerweile in einer Regelmäßigkeit, dass ich dieses Thema bei der nächsten Bandprobe, wenn er denn mal wieder dabei ist, ansprechen muss.

Die Tür zum Proberaum geht auf. Ein mega trendiger Typ, in Begleitung einer verdammt attraktiven und ebenfalls sehr stylischen Frau und einem Hund, Marke Mini-Pony, kommen herein. Die Zwei wirken auf mich, als hätten sie sich auf dem Weg zu einem Instagram Werbeshooting verlaufen.
„Servus. Wir haben gehört, dass ihr heute hier probt. Wir wollen am Freitag heiraten und suchen noch eine Band. Ich weiß nicht wie es bei euch terminlich aussieht, ob das so kurzfristig klappen könnte.“
„Da habt ihr Glück. Wir haben gestern erst einen Gig für Samstag abgesagt bekommen.“
„Das ist ja super!“
„Die Feier ist hier im Ort. Also nicht direkt im Ort, sondern an der kleinen Pferdekoppel inmitten der Felder. Die Feier ist recht locker und überhaupt nicht förmlich.“
„Das klingt gut. Was für Musik habt ihr euch denn so vorgestellt?“
„Das darf schon gitarrenmäßig gut zur Sache gehen. Wir hatten zuerst an die Band gedacht, die hier am Dorffest abgerockt hat. Aber die hatten den Termin nicht mehr frei.“
„Am besten wird sein, ihr schaut euch einmal unsere Setlist an und wir spielen ein paar Songs. Leider ist unser Bassist heute nicht da, daher wird es etwas dünner klingen, aber ihr bekommt eine Vorstellung davon was wir so machen.“

Fragende Blicke in meine Richtung und ich schlage vor, die ersten vier Stücke bis „Get it on“ aus der Setlist zu spielen.
„Das ist echt super! Das würde gut passen.“
„OK, dann sind wir dabei!“
Wir klären noch die Gage und den Zeitplan und dann verlassen uns die Beiden mit ihrer Mini-Kampfmaschine schon wieder.
Ich bin begeistert. Das war jetzt eine Überraschung wie ich sie mag. Und weil wir gerade so entspannt beisammen sind, spielen wir noch ein paar Songs bevor die heutige Probe auch schon wieder vorbei ist.