27. März
„Ohne Mampf kein Kampf“ haben wir bei der Bundeswehr gesagt. Dieser dämliche Spruch geistert mir durch den Kopf während ich im Auto sitze um mir in Güntersleben einen Döner-Teller mit Schabefleisch vom Drehspieß, Knoblauchkartoffeln und Salat zu besorgen.
Der Döner ist eines der ganz wenigen Fastfood-Gerichte die ich mir hin und wieder gönne. Meistens dann, wenn die Anzeige der Waage im Bad mein relativ konstantes Gewicht von 80 kg unterschreitet. Eine Synapse in meinem Hirn leitet dann sofort eine Gegenmaßnahme ein.

Zu Hause fange ich beim Essen wieder an darüber nachzudenken welche Geschichte mir der Song Gegen den Strom erzählt. Wenn ich, wie ich mir einbilde, schon immer ein Gegen-den-Strom-Schwimmer war und das nicht nur privat, sondern auch beruflich, was ist es, das mich als solcher ausgezeichnet?
Bedeutet Gegen den Strom immer nur gegen etwas zu sein oder bedeutet Gegen den Strom auch etwas nicht hinzunehmen, nicht zu akzeptieren, eine eigene Meinung haben?
Ich fange an zu zittern und spüre einen mächtigen Druck auf der Blase. Ich gehe ins Bad und während das Wasser ins Becken schießt, rinnt leise ein kleiner Wasserstrom über meine Wangen. Mir wird bewußt warum ich seit über sieben Monaten zu Hause bin.
Das Dönerkebab ist mittlerweile kalt. Schmeckt aber immer noch verdammt lecker. Ich kann nicht aufhören zu Essen, auch wenn mein Magen signalisiert: du bist satt.

Ich lehne mich zurück und döse so vor mich hin. Erst als es draußen dunkel wird, schalte ich meinen Laptop wieder ein. Mit leicht duseligem Blick lese ich mir die drei Strophen, die ich geschrieben habe noch einmal durch. Dann lösche ich sie und beginne zu schreiben
Laufe Nachts durch die Straßen, suche nach einem Sinn
falle hin und steh wieder auf, weiß nicht wo ich bin
wo ist der Weg den ich gehen will, wo sind meine Begleiter
halt mich nicht an Versprechen fest und geh einfach weiter
Ich greife zur Gitarre und spiele und singe das eben geschriebene. Danach singe ich den Refrain und danke meinem Unterbewusstsein für diese Zeilen. Ich habe meine Geschichte.
Die nächsten Textzeilen entstehen nicht mehr so zusammenhängend, wie in der ersten Strophe. Ich komme in eine Art Wachphase in der ich anfange zu überlegen was sich auf das letzte Wort einer Zeile reimen könnte und so entstehen Textzeilen die ich nach dem ersten lesen sofort wieder lösche.

Ich koche Tee, schalte den Fernseher an und spiele Gitarre. Ich singe die vorhandenen Textzeilen immer und immer wieder und langsam füllen sich die Textlücken. Die Geschichte ist stimmig. Nur die letzte Strophe passt nicht. Da fehlt der richtige Abschluss.
Ich lösche einzelne Fragmente und fange noch einmal an. Es ist mittlerweile halb Zwei Uhr morgens als meine Finger die Worte tippen
Ich geh von Bord und hab keine Angst, ich betrete neues Land
ich werde nie mehr übers Wasser fahren, mein Ziel ist unbekannt
Viel zu lang hab ich sie ignoriert, die Zeichen und Signale
ich geh zurück in meine eigne Liga und spiel dort im Finale